Montag, November 11, 2019

Weisen

Henryk Goldszmit.

Welttag der Waisenkinder.

Bei all den anderen Tagen die heute sind. Blieb mein Augenmerk immer wieder an diesem Eintrag hängen.
Kinder. Waisenkinder.
Das ruft Schmerzen bei mir hervor.
Und Unruhe. Eine Aufgewühltheit die dann oft meine ansässige Umwelt nervt.
Da ich weltschmerzlich in der Ecke herumliege und nur noch jammern möchte.

Nun denn.
Es ist ein würdiges Thema.
Absofuckinglutely würdig. Es ist ein unbedingtes Thema.
Mein Thema.
Auch für heute.

Janusz Korzcak.
Geborener Henryk Goldszmit.
Im Tierkreiszeichen Zwilling geboren. Dem idealistischen Element der Luft zugeordnet.
An einem 5. August beschoss Janusz mit Seinen zweihundert (200) Kindern zu gehen.
Zweihundert Kinder aus den Horten Dom Sierot und Nasz Dom.
Zwei Horte welche zuvor, nach den Vorstellungen von Janusz Korszak eines Hortes für Kinder, für diese und alle Kinder erbaut wurden.
In denen sie sein und leben durften, in denen sie Liebe und Fürsorge erfuhren, in denen sie gesehen und gewachsen sind.

Schon als Henryk selber noch ein kleines Kind eines gut situierten Elternhauses war.
Also vermögend.
Spielte er viel lieber mit den Armen. Mit denen die verwahrlost und wirtschaftlich schlecht gestellt waren.
Nach dem Tod seines Vaters, rutschte die Familie selber in die Armut.
Doch Henryk kannte beide Seiten und identifizierte sich immer mit denen, mit denen sein Herz war.
Es machte ihm nichts aus nun in prekären Verhältnissen zu leben. Davon hing sein Leben nicht ab.
Henryk war sehr der Literatur und der Sprache zugetan.
Und schrieb viele Texte. Gedichte und Schriften.
In der Schule nahm er an einem Schreibwettbewerb teil. Wo er sich selbst das Pseudonym Janusz Korzcak gab.
Er hat dieses Zeit seines wirkungsvollen Lebens beibehalten.
Janusz wurde Arzt. Dozent. Radiomitarbeiter. Heimleiter.
Vor allem aber blieb er Mensch und schrieb.
Bücher.
Aus Leidenschaft.
↝ Kinder der Straße
↝ Kind des Salons
↝ Wie man ein Kind lieben soll
↝ Das Recht des Kindes auf Achtung
↝ König Macius
In den ersten beiden beschreibt er seine eigene Kindheit in Form von Geschichten.
In den folgenden beiden seine Ideen und Vorstellungen vom Umgang in dieser Welt mit Kindern und Menschen im  Allgemeinen.
Das letztgenannte ist ein Kinderbuch, für Kinder. Es geht um einen kleinen Jungen, der zu guter Letzt König eines Staates wird und sein Volk menschenwürdig regiert.

Janusz Korzcak ist der erste Mensch, der öffentlich Rechte für Kinder ansprach und einforderte.

Dom Sierot,  ist heute ein Mekka für Reformpädagogen.
Dies sind keine Dozenten für Drogerieartikel, sondern das Thema ist die Bewegung einer Pädagogik von der Psychologie es Kindes ausgehend, welche seine Kreativität und Aktivität erkennen und fördern soll. So der Grundgedanke.
Als Leiter dieser Heime sorgte er dafür, dass Kinder in die Verantwortung mit einbezogen wurden-
er leitete die Heime in Zusammenarbeit mit den Kindern.
Die grüne Fahne der Kinderrepublik auf dem Dach der Häuser erzählte schon von Weitem davon.

Die Prämisse der Häuser lautete:

Fehler werden angemessen geahndet .Und zwar
" Wenn jemand etwas böses getan hat, so ist es am besten ihm zu verzeihen.
Wenn jemand etwas böses getan hat, weil er es nicht besser wusste, so weiß er es jetzt.
Wenn er unabsichtlich etwas Böses getan hat, so wird er in Zukunft vorsichtiger sein.
Wenn einer etwas Böses getan hat, weil es ihm schwerfällt sich anzupassen, dann wird er sich nun damit Mühe geben.
Aber das Gericht muss die Stillen beschützen, damit die Starken ihnen nicht das Leben schwer machen."

Die Häuser wurden geleitet von Menschen, welche sich Menschlichkeit auf die grüne Fahne geschrieben haben.
Und um das zu gewährleisten und anzuwenden gab es das Kameradschaftsgericht und das Kinderparlament.
Welche auf den Grundpfeilern der Prämisse dieser Häuser fußte.

Die Magna Charta Liberalis von Janusz Korzcak wuchs und entstand im Verlauf der Jahre seines Seins als Mensch. Leiter. Arzt. Dozent. Und Schriftsteller.
Die drei Säulen dieser tragen und besagen, fordern!:
Das Recht des Kindes auf seinen eigenen Tod
Zum einen, kann nur zu Tode kommen wer lebt.
Wer das Recht auf Tod hat, hat somit zuallererst einmal das Recht auf Leben.
Zum anderen, waren früher Kinder die Puppen der Eltern.
Ängste der Erwachsenen vor Krankheit, Verletzung und  Schmutz wurden auf die Kinder projiziert.
So kann kein Kind wachsen und die Interessen, die Neugier und Aktivität eines Kindes ist völlig ausgebremst.
Ein Kind hat ein Recht darauf sich beim erwachsen werden zu verletzen, krank zu werden und unter Umständen auch zu Tode zu kommen.
Sonst kann es nicht wachsen.
Herr Korzcak war kein Verfechter der laissez faire Erziehung. Lediglich die Grenzen wurden mit den Kindern zusammen erarbeitet und dessentwegen auch eingehalten.
Das Recht des Kindes auf den heutigen Tag
Kinder sollen die Welt selbst entdecken und nicht die Traumerfüller und Zukunftsgestalter ihrer Eltern sein.
Was ein Kind mal wird. Wo seine Stärken und Schwächen, Talente und Leidenschaften liegen, dies muss ein Kind Tag für Tag neu herausfinden können, ohne dass es von den Eltern hin oder weggelenkt wird zu einem Ziel, welches die Eltern haben.
Der Tag geht dadurch verloren und auch die Zukunft.
Benötigt wird. Neugier. Entfaltung. Anregung. Liebe. Schutz.
Das Recht des Kindes, so zu sein wie es ist
Jedes Kind ist anders. Training, Druck macht aus einem stillen, kontemplativen und in sich wohnendem Kind keinen Wettbewerbsgewinner welchem nach Siegen dürstet.
Jedes Kind ist anders. Mit seinen Stärken und seinen Schwächen. Jeder darf so sein wie er ist. Niemand muss sein wie der andere. Alle sind wichtig und richtig.

Herr Korzcak war ein Mensch. Ein Freigeist. Ein Freimaurer. Ein Jude. Ein Mensch.
Am 5. August 1942 wurden alle Kinder der Horte des Dom Sierot und des Nasz Dom nach Treblinka deportiert um dort vernichtet zu werden.
Janusz Korzcak ging voran.
Voran und mit seinen zweihundert Kindern.
In den Tod!

"Sie irren sich", erwiderte Korzcak "nicht jeder ist ein Schuft"
und schlug die Waggontür hinter sich zu.





Diese Woche.

Ist auch die Woche der Bildung.
Das habe ich heute morgen im Radio gehört.
Themenwoche.
Und ich höre niemals auf zu hoffen.
Nietzsche hatte unrecht. Hoffe ich.


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