Donnerstag, Dezember 05, 2019

summerisch

Mit den Tagen heute kann ich gar nix anfangen.
Es ist nur der fünfte Dezember, der mich zum Denken bringt.
Das bedeutet immerhin, dass ich nur noch einmal gut schlafen kann, um in das freudige Gesicht eines Kindes zu blicken, wenn es das Wohnzimmer betritt.
Und zum Fenster läuft, in das es heute Abend seinen blitzblank geputzten Stiefel stellen wird.
Über dies hinaus bedeutet der fünfte Dezember auch, dass ich nur noch zweimal gut schlafen werde bis ich auf ein inständig herbeigesehntes Konzert fahren werde.
Demgegenüber stehen  ↳ Tag des Ehrenamtes
                                      ↳Weltbodentag
                                      ↳Tag des Ninjas
                                      ↳Tag der Sachertorte
                           &        ↳Vatertag in Thailand
Zu Ersterem könnte ich durchaus etwas schreiben.
Zweimal habe ich mich ehrenamtlich in diese Gesellschaft eingebracht.
Zum ersten Mal vor nunmehr rund neun Jahren, als Familienpatin über den Kinderschutzbund.
Dort belegten alle Willigen, Engagierten eine mehrtägige Schulung, so mit Flipchart und Brainstorming und Allem so was.
Jeder durfte auch Vorlieben anbringen, welche Art von Kind oder Kindern in der dann zugeteilten Familie anzutreffen sein wird.
Ich persönlich habe kein Faible für eine bestimmte Art von Kind.
Mir war wichtig einfach nur zu unterstützen und mal zu kucken, was gehen kann.
Auch weiterzugeben was ich weiterzugeben habe.
Ich mein ➢ seit meinem neunzehnten Lebensjahr bin ich Mutter mit allem Drum und Dran.
Also irgendwie auch mit allen Schwierigkeiten, die einem da so begegnen können.
Das dahinterstehende Konzept der Familienpatin beruhte auf Ressourcenarbeit.
Was soviel hieß wie ➢ sieh nicht dahin, was nicht funktioniert. Schau dahin, was funktioniert. Und arbeite mit positiven Verstärkern.
Ich kann das.
Ohne Scheiß.
Doch wenn klar wird, dass einer Mutter ihr Zweijähriges völlig am Arsch vorbeigeht.
Ihr Vierjähriges Geburtstag hat und es einfach mit keiner Silbe Erwähnung oder zumindest einen Platz in den Armen seiner Mutter findet. Liebe überhaupt irgendwie Ausdruck fände.
Dann fordert das meine Leidenswillig- und Fähigkeit enorm.
Wenn es, aus meiner Sicht, keinerlei Ressourcen gibt.
Bis auf die Tatsache, dass die Kinder jeden Tag am Leben bleiben und irgendwann am Tag in die leeren, desinteressierten Augen ihrer Mutter blicken können.
Da stehe ich dann hilf- und rettungslos, wie die Kinder selbst in dieser Familie herum und weine.
Weil ich spüre ➢ ich kann hier nichts tun.
Mein einziger Impuls war ➢ schnapp dir die Kleinen und hau ab mit ihnen, das merkt die eh erst am Monatsanfang, wenn die Bezüge der Kinder auf dem Konto fehlen.
Es war nicht erwünscht das Jugendamt einzuschalten, solange die Kinder, auf  irgendeine Weise, irgendwie, versorgt sind.
Familienpatenschaft war also mal gar nichts für mich.
Dafür bin ich nicht abgefuckt genug und anscheinend zu sensitiv.
Das zweite Mal habe ich versucht mich in der " Die Insel- Gütersloher Suppenküche e.V." zu engagieren.
Nach ein paar Wochen habe ich auch das niedergelegt.
Allerdings mag ich das nicht breittreten wieso, weshalb, warum.
Da stopfe ich mir selbst einen Knebel in den Mund.
Nur soviel - mir fehlte einfach etwas von einem Dankgefühl der Nehmenden an all die Gebenden.
Also ein Anflug dessen hätte schon genügt.
Ehrenamt.
Bei aller Liebe zum Menschen.
Die Nische für mich als Geberin habe ich da noch nicht gefunden.

Nebenher hole ich mir gerade ein paar Tipps für Wilhelm .
Morgen ist Nikolaustag.
Heißt das so?
Ich hab´s nicht so mit den ganzen biblischen Festen.
Wir begehen die, weil´s einfach Freude bringt.
Ich hab meinen Kindern auch schon die jeweiligen Geschichten zu den gefeierten Personen hinter dem jeweiligen Kult erzählt. Doch ein christliches Gefühl stellt sich bei mir eben nicht ein.
Also.
Nikolaus kommt doch Nachts. Wenn die Kinder schlafen, nachdem sie ihre Stiefel geputzt  und rausgestellt haben.
Nikolaustag. Nikolausabend.
Da steigt doch keiner so recht durch.
Ich werde in diesem Jahr jedenfalls, bis auf eine wertvolle Stunde am Nikolausmorgen nach dem Nikolausabend, nicht DA sein.
Ich hab Weihnachtsfeier.
Und sitze mit meinen Kollegen u d meinem Gewissen ab neunzehn Uhr beim Tatort-Dinner.
Nachdem ich meinen Spätdienst hoffentlich etwas eher beendet habe.
Nur morgens werde ich DA sein.
Zu hause. Bei der Familie. Gemütlich.
daheim@hier
Und wenn ich nach Hause komme, werden alle schon schlafen.
Dreiundzwanzig Jahre war ich am Nikolaustag immer DA.
Und auch am Tag darauf. Wenn alle wieder wach sind.
Werde ich dieses Mal nur morgens DA sein.
Um mich dann auf den Weg zu machen, in den Nordwesten.
Um mich und mein Gewissen am Sonntagmorgen wieder ganz weit in den (Nord)Osten zu bewegen.
Sonntag.
Da werde ich wieder hier, bei und für meine Familie DA sein.
Und viel zu erzählen haben.
Dazwischen.
Werde ich für mich DA sein.
Und mit vielen Anderen.
Ich bin Mutter.
Frau einer besseren Hälfte.
Und noch vieles mehr.
Und ich genieße die schönen Zeiten mit mir selber. Und Anderen.
Eben auch.
Doch nicht nur.
Und ich möchte nicht irgendwann einmal überzeugt dieses Lied summen.













Noch einmal und noch zweimal schlafen.




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