Samstag, Mai 15, 2021

Mag sein.

Der Schnee fällt. 
Jede Flocke an ihren Platz. 

In letzter Zeit, na eher durch das Schreiben an einen "geliebten" Brieffreund, blieb ich bei den Begrifflichkeiten Ruhe und Stille hängen. 
Es gibt viele Worte über welche ich mir schon Gedanken machte. 
Es ist einfach so, dass ich das Wort welches ich nutze, um meine Gedanken oder Gefühle zum Ausdruck zu bringen, kennen möchte. 
Ich möchte, ehe ich es nutze, seine Bedeutung, seine wahre Herkunft wissen. 
Ich möchte es spüren und mich mit ihm identifizieren können. 
Unbewusstes Sprechen, reden von oder über sich als würde man einen Buchstabenautomaten bedienen und die Worte purzeln da einfach nur aus einem heraus weil jemand einen Hebel bediente, das finde ich schrecklich. 
Nicht, dass mir das nicht auch schon passiert ist und ich zum Beispiel in der Falle einer Rechtfertigung einfach unüberlegt Worte benutze, statt sie zu nutzen. 
Damals passierte mir das recht häufig, da lud ich alle möglichen Menschen dazu ein mal meine Knöpfe zu drücken oder an den Hebeln zu ziehen um zu kucken was so passiert. 
Das passiert mir immer seltener. Doch doch, es passiert. 
Immer wieder mal. 
Ist auch gut so. 

Durch diese Veränderung, diese Wandlung in mir, die ich nicht einmal willentlich vorgenommen habe, sie vollzieht sich einfach, bin ich spürbarer mehr bei mir als bei anderen. 
Im letzen Jahr und in den Jahren zuvor, war ich mehrheitlich im Außen. 
Ich hatte aufgehört mich zu spüren, zu wissen wer ich bin, was ich will, was meine Bedürfnisse sind. Vielleicht wusste ich es auch nie. Mag sein. 
Alles was ich sehr deutlich fühlte war, dass ich in einer für mich gefühlt lebensfeindlichen und erdrückenden Umgebung war, ihr entgegenlebte.
Das Gefühl, immer kleiner und ohnmächtiger zu werden machte mir große Angst. 
Angst davor, dass ich mich selbst so klein drücke, selbst erpresse, dass der innere Druck zu groß wird für diesen kleinen Raum. 

Was tut der Mensch, wenn er sich entweder selbst in eine Ecke drängt oder tatsächlich in eine Ecke gedängt wird. 
Flucht oder Ergebung. 
Totstellen. 
Nun. 
Bisher sah ich den Rückzug in die alte Heimat nicht als Flucht an. 
Doch wie es scheint war es eine Flucht. 
Nur die Frage, weshalb dies so negativ belegt ist bleibt hier stehen. 
Aus Situationen solle man nicht flüchten heißt es ja. 
Man müsse sich ihnen stellen, ergründen wieso, weshalb, warum und aufarbeiten was dazu führte dass man flüchten wollte, damit man nicht immer vor sich selber wegläuft, deine Freaks nimmste eh immer mit- so mal die stark abgekürzte Form. 
Was einen nicht umbringt macht einen stark. 
Nur die Harten kommen in den Garten. Und die Härteren kommen auf die Gärtnerin. 
Fight or flight. 
Tend and befried. 
Immer mehr komme ich persönlich zu dem Schluss, dass fast alles, was ich in der Psychologie lernte, Irrsinn ist. 
Für mich macht das, was die Psychologie, in zum Beispiel meinem Falle, geraten hätte überhaupt keinen Sinn. 
Natürlich kann ich jahrelang in mich hinein schauen und horchen, ergründen und herumstochern was wann, warum und wo passiert ist und nun diese und jene Verhaltensweise hervorruft.
Selten sind mir im Laufe meines Lebens Menschen begegnet, die nach jahrelangem fachmännisch geleitetem Aufarbeiten, auf der Suche nach ihrem mutgemaßten wahren Ich, gestärkt und sich selbstbewusst aus diesem Prozess heraustraten und dann auflebten. Oder gar wussten wer SIE SIND!
Das Gegenteil war oft auch der Fall - sie wirkten verwirrter und verirrter als zuvor. 
Mein Eindruck, und dieser verhärtet sich immer mehr, ist, dass ein Einheitsbrei, eine homogene Masse Mensch erzeugt werden soll. 
Wer sagt denn, dass das was ein Psychologiestudent in seinem Studium lernt tatsächlich dem entspricht, was ein Individuum, ganz egal welcher Art und Herkunft, braucht um sich selbst fühlen zu können, braucht um sich bewusst zu sein und somit das Leben, den Moment bis hierher annehmen zu können. 
Hinter der Lehre der Psychologie stehen Menschenbilder. 
Gemachte Menschenbilder. 
Annahmen. 
Theorien. 
Bis heute ist selbst die Evolution lediglich eine Theorie. 
Wir Menschen wissen gar nichts. 
Nicht einmal wo wir herkommen. 
Um uns herum ist der Kosmos. 
Das Wort Kosmos beudetet Ordnung. 
Doch uns wird eingetrichtert, dass das Universum (welches auch nur eine Theorie ist) aus dem Chaos enstanden ist. Die Chaostheorie.
Irre! 
Es hat sich bewährt in der Schule nicht so genau hinzuhören und sich das Leben selbst zur Schule zu machen. 
In einem meiner anderen Beitrage, der mit dem Dosenmais, hatte ich schon erklärt, was hinter dem Wort und Begriff Schule an sich steht. 
Und doch hat die Doktrin sich in den Hirnen verfestigt, dass wir alles erklären können, es für alles einen Fachmann gibt, der sich auf das defekte Bauteil spezialisiert hat und es repariert. 
Und so ist auch die Erwartung der Menschen gewachsen. 
Auch ich kann mich zeitweise nicht davon freimachen und verfalle der irrigen Annahme, dass mit mir gerade etwas nicht stimmt. 
Ruhe und Stille sind da ein gutes Beispiel mich daran zu erklären. 
Letztens betrauerte ich, dass ich eine Stille in mir hab, die mir Angst machte. 
Ich sah mich selbst auf dem Sofa sitzen in keiner bestimmten Stellung. 
Einfach da sitzen. 
Angewinkelte Beine. 
Den Rücken angelehnt. 
Die Hände im Schoß liegend und starrte die Wand an. 
Ich saß einfach so da. 
Minutenlang.
Gedankenlos. 
Das. Machte mir Angst. 
Ich sah mich selbst und fragte mich, was mit mir los sei. 
Tagelang beschäftigte mich dieser Zustand in dem ich mich dort sah. 
Mein Verstand schaltete sich vor und es entstand die Idee einen Psychologen aufsuchen zu können. 
Es könnte eine Depression sein. 
Mein Verstand gab vor, dass es für diesen Zustand eine Heilung geben könnte. 

Jetzt. Wieder Tage später, komme ich zu dem Schluss, dass dieser Zustand die Heilung oder besser die Erholung ist. 
Die tiefe Atempause. Nein Atempause ist nicht gut - die tiefe Einigkeit. 
Stille ist gleich Frieden. 
Gedankenlos ohne Anspannung sitzen zu können und Sein. Einfach Dasein. Ohne Raum. Ohne Ego. Frieden. 
Können wir Menschen Frieden aushalten? 
Wir können Ruhe erzeugen. 
Indem wir Türen, Fenster, Augen schließen. 
Bunte Pillen nehmen oder Hilfe im Außen suchen. 
Ruhe können wir aushalten, da wir sie machen können und auch wieder abstellen können. 
Jederzeit. Beides. 
Wenn wir wollen. An. Aus. An. Aus. 
Doch Stille. 
Frieden. 
Echte Einsamkeit. 
Einsamkeit bedeutet von der Wortherkunft einsamana und einsamōn Einheit, Einigkeit, vereinigen. Einsamkeit haben wir Menschen mit der Umdeutung und Konnotierung der Worte in seiner Bedeutung derart missgestaltet, dass wir Menschen Einsamkeit als etwas krankhaftes, krankmachendes erleben. Einsamkeit muss beendet und behandelt werden. 
Einsamkeit solle niemand aushalten müssen. 
Vielleicht ist Einsamkeit im Alter ja auch was ganz normales - was natürliches, etwas gewünschtes. 
Jedes Tier sucht in seinen letzten Tagen die Einsamkeit und hat kein Problem damit dass ihm die anderen jetzt nicht noch permanent auf den Sack gehen, weil es nicht isst, keine drei Liter säuft oder sich ständig sauber leckt und im Park flaniert. 
So ist es doch.
Ich bin mir sicher, wäre ich dem Verstandesimpuls gefolgt und zu einem Psychologen, Psychotherapeuten, oder Psychiater gegangen und hätte ihm von meinem Zustand und Zuständen berichtet - ich hätte die Diagnose Depression erhalten - mit allem was dazugehört, einschließlich der Behandlung. 
Nein. 
Mir fehlt kein Druck. 
Ich leide auch nicht an Unterdruck.
Weder äußerlicher noch innerlicher Natur. 
Was mir fehlte war die Einsicht, Frieden anzunehmen und dem Ego keine Stimme zu geben, es nicht zu verteidigen. 
Stille.


Der Schnee fällt. 
Jede einzelne Flocke an ihren Platz.

Mittwoch, Mai 12, 2021

Pfeil und Bogen

Liebe Liebe


heute schreibe ich Dir einen Brief, oder widme Dir einen Eintrag auf meiner Schreibseite.
Du hast es verdient, dass man sich Dir widmet.
Sich mal Zeit für Dich nimmt.
In meinem Leben habe ich mir schon viel Zeit für Dich genommen und seit dem vorletztem Jahr fing ich an Dich genauer anzuschauen.
Ich möchte Dich einladen.
Doch um eine Einladung für Dich zu verfassen, einer der Du dann auch nachkommst, die Du nicht ausschlägst, muss ich mich weiterhin sehr genau mit Dir befassen.
Ich möchte Dich noch besser kennenlernen. I
Möchte wissen, wen ich einlade oder auslade oder nicht einlade.
Weißt Du, gerade habe ich mir nochmals das Büchlein von Bertolt Brecht vorgenommen, es heißt "Gedichte über die Liebe"
Jetzt, nachdem ich nochmals darin herumlas, empfinde ich es so, dass er Dich fehlinterpretiert hatte. Ein Gedicht geht so


Geheimnisse des Liebeslebens


Es walten zwei Geschicke in der Liebe
Das eine wird geliebt, das andere liebt
Eins erntet Balsam und das andere Hiebe
Es nimmt das eine und das andere gibt.
Verhülle dein Gesicht, wenn Glut es rötet.
Verbiet dem Busen zu gestehen, was er litt!
Reich ihm, den du da liebst, das Messer, und er tötet.
Weiß er, du liebst ihn, macht er seinen Schnitt.


(Bertolt Brecht, Gedichte über die Liebe, erschienen im Suhrkamp Verlag, erste Auflage, Seite 187)


Das klingt sehr ungerecht.
Es klingt nach Strategie, Schlachtplan und Drehbuch.
Es hieße, Du ließest Dich lenken.
Es hieße, Du kommst als ungeladener Gast und stiftest nur allein durch Deine Anwesenheit Unfrieden und Querelen.
So als wäre vor Deinem Besuch zweier Menschen alles friedlich gewesen.
Als stündest Du wie eine große mächtige Wesenheit zwischen zwei Menschen und reichst einem ein Schwert und dem anderen ein Schild. Der mit dem Schild, darf nicht zeigen, dass er Angst hat, Angst davor von dem mit dem scharfen Schwert verletzt zu werden, oder Angst vor der eigenen Ohnmacht ob der Macht dessen mit dem scharfen Schwert.
Der mit dem Schwert fühlt sich stärker und mächtiger, durch das Schwert in seiner Hand.
Es hieße, Du verleihst einem Macht und dem anderen Ohnmacht.
Nun.
Jetzt wo ich Dir schreibe und mir über das Gedicht, welches jemand anderes über Dich verfasste, versuche Dein Wesen zu erklären kommt mir der Gedanke, dass in dieser Welt ja alles in Dualität erwachsen ist.
Ohne oben kein unten, ohne hell kein dunkel, ohne laut kein leise, ohne gut kein böse, ohne Täuschung keine Enttäuschung und so kann ich ewig weitermachen.
Naja.
Und so denke ich gerade, dass es ohne Liebe keine Leidenschaft gäbe.
Ich kann mich immer entscheiden, was ja auch ein Dualismus ist.
Das Wort entscheiden entstammt dem Wort skeidir.
Dies sind zwei Holzplatten welche eine Schwertscheide schützen.
Also - habe ich mich noch nicht entschieden, steckt das Schwert noch im skaipi, bist Du, die Liebe, anwesend sowie auch Dein Kontrast, die Leidenschaft.
Ziehe ich das Schwert, also treffe ich eine Entscheidung, wähle ich entweder das Schwert oder - tja....dann ist es nicht das Schild, sondern die Scheide, welche das Schwert sichert. Entscheidet jemand, ist dies dann wohl dieser bekannte, oft besungene und vertonte Kampf.
Es gibt ja Menschen, die wollen um jemanden kämpfen, oder für die Liebe kämpfen.
Ja.
In einem kann ich dem Herrn Brecht zustimmen.
Er hat recht damit, dass sich derartiges abspielen kann wenn zwei Menschen sich entscheiden für den jeweiligen Kontrast.
Das habe ich mehr als einmal erlebt.
Mal habe ich mich für das Schwert, mal für die Scheide entschieden und damit am Ende immer für den zweiten Gast, welcher Dich ewiglich begleitet.
Für die Leidenschaft.
Du kommst also immer mindestens zu zweit.
Doch einladen braucht man Dich gar nicht.
Du bist einfach immer da.
Lädt man Dich jedoch aus in dem das Schwert aus der Scheide gezogen wird, kommt Deine Begleitung. Das sollte man wissen.
Siehst Du.
Allein dadurch, dass ich Dir einen Brief schreibe liebe Liebe, hab ich schon ein viel klareres Bild von Dir, bin ich überhaupt in der Lage mich Dir zu widmen.
Dich zu erkennen, wenn Du Dich erkenntlich machst.
Wenn ich Dich nicht kennenlerne, kann ich mich nicht entscheiden.
Eine doppelte Verneinung.
Gelesen von mir, aus anderem Kopf erdacht, würde ich sie nie verstehen können.
Wenn ich nicht weiß wofür ich mich entscheiden kann, wird jene meine Aufmerksamkeit bekommen, welche lauter und präsenter ist.
Das ist Deine Begleiterin.
Die Leidenschaft.
Sie ist einfach temperamentvoller.
Ganz ehrlich. Ich mag sie nicht.
Herr Brecht auch nicht. Das kann man in seinen Texten, im Grunde ja auch Klagelaute, erkennen.
Sie handeln nur buchstäblich von der Liebe - doch da steht gar nichts drin über Dich - ich lese nur Erfahrungsberichte mit Deiner Begleiterin.
Das Buch könnte genauso gut Gedichte über die Leidenschaft heißen.
Auch frage ich mich gerade, Dein Name; Liebe.
Wer hat sich den ausgedacht.
Woher kommt er.
Wer oder was hat ihn geprägt?
Nun...macht sich auf den Weg Deines Namens, findet man heraus, dass liob die Wurzel Deiner Nennung ist.
Liob bedeutet wert, herzlich, liebenswert, freundlich, angenehm.
Genauso habe ich Dich kennengelernt.
Damals haben die Menschen etwas anderes gemeint, wenn sie sagten " Ich liebe Dich".
Das heutige " Ich liebe Dich", was man inflationär gebrauchte, ja benutzte, hat seinen Inhalt verloren und wird, meiner Meinung nach verwechselt.
Beobachte ich Menschen dabei, wenn sie dies sagen, könnte ich meinen, sie wollten aussagen "Du tust mir Leid".
Der Gesichtsausdruck ist oft gequält und schmerzvoll, leidend im Ausdruck.
Hm?!??
Wusstest Du, in Spanien gibt es da eine sehr schöne sprachliche feine Unterscheidung.
Te quiero - heißt : Ich liebe Dich doch mit der Subversion Ich will Dich.
Ti amo - heißt: Ich liebe Dich, ganz genau so, wie es gemeint ist.


Jeden Tag und jede Nacht freue ich mich über Deine Anwesenheit.
Was wäre ich ohne Dich.
Verloren in dieser Welt, die ohne Dich sehr grau und still erschiene.
Gerade überflutet mich wieder dieses schöne, befreiende, blühende und belebende Gefühl, welches durch mich durchfließt, wenn Du mich anstupst, Dich neben mich setzt und mit freundlichem Lächeln flüsterst " schau mal, ich zeig Dir was".
Vor dem Fenster, auf der Krone der Trauerweide, saß gerade ein schöner, recht großer Vogel, mit wunderschönem Kleid und sang und rief.
Während ich von der Maschine hier auf- und wegsah, meine Aufmerksamkeit dem schönen Vogel und der Weide vor dem Fenster zuwandte hatte ich ein Lächeln im Gesicht und einen ruhigen Frieden in mir und um mich herum -Gefühle die Nachhallen, lange.
Das meine Liebe, das bist Du.
Und das hast Du immer bei Dir um es weiterzugeben.
Liebe. Liebe Liebe.
Was kann ich Dir wünschen ohne dass ich vermessen klinge mit den einfachen Worten welche wir Menschen gebrauchen.
Ein Vogel kann Dir auf ganz natürliche Weise ein Lied singen.
Ich habe für Dich meine Zeit, meinen Raum, meine Aufmerksamkeit und Worte.


Und mit meinen Worten wünsche ich Dir viele Wege zu denen die Dich kennenlernen möchten und dein helles, freundliches, ruhiges Lächeln in sich aufnehmen um es weiterzutragen.


Schön dass Du da bist.