Samstag, März 11, 2023

Ingrimm und Unbill

Ich bin erzürnt, genervt, überfordert und vor allem stößt mich das Verhalten dessen, derer sich "Mein Vater" nennt ab.

Diese Person beschreibt (und sieht) sich selbst als Papa, Daddy für mich und sogar als Opa für meine Söhne. 

Diese Person machte aus sich selber augenblicklich ein Tabula rasa und beschrieb es mit seinen, diesen Worten neu.

Für keine dieser Bezeichnungen, welche er da für sich selber auswählt um mit mir zu kommunizieren, habe ich ein Gefühl welches ich zuordnen oder einordnen oder überhaupt empfinden kann. Ein jeder weiß das. Ein Vater wüsste das.

Ich hatte nie einen Vater. 

Es gab in meinem Leben keine Vaterfigur oder männliche Bezugsperson welcher ich je Vertrauen schenken konnte oder welche mir je besonderes Interesse und Herzenswärme schenkte. Ich bin, wie viele andere, ohne Vater aufgewachsen - und meine Söhne ohne einen Opa oder etwas Opaähnlichem. Auch meine Söhne haben nie das Wort Opa aus sich heraus ausgesprochen oder ein wie auch immer besetztes Gefühl dazu.

Ein Vater wüsste das und würde danach seine Worte weise wählen. Vorsichtig.

Das steht gerade auch nicht im Vordergrund. 

Diese mir fremde Person meldet sich nach knapp fünfunddreißig Jahren (als ich zwölf war meldete sie sich das letzte Mal ) um mir erzählen, ja aufdrängen, sogar in mein Gewissen pressen zu wollen, daß er mich immer, jeden Tag, jede Woche, jedes Jahr vermisst habe. 

Daß er mich immer gesucht habe. 

Daß er ohne mich nicht glücklich sein konnte. 

Daß es ihm immer schlecht ging ohne mich und er Tag für Tag weinte wenn er sich ein steinaltes Bild von mir ansah. 

Ein Bildnis von mir, welches in mir nicht einmal eine vernebelte Erinnerung wachruft - dies ist für meine Augen das Bild irgendeines Kindes, eines kleinen Mädchens.

Das Bild eines Kindes, welches unglücklich und fast schon nach Hilfe schreiend in eine Linse kuckt. 

Das ist das, was ich sehe!

Ich solle doch einfach alles vergessen was war. 

Tabula rasa - kleines Mädchen.

Bin ich jetzt etwa in Verantwortung? 

Nein! Ist meine Antwort auf eine Frage, welche bis jetzt im Aether waberte.

Nicht für diese Person, welche all diese Gedanken und schwer aushaltbaren Gefühle, schon immer, in mir auslöste.

Für dieses Kind, welches mir aus diesem schwarz-weißen Bild entgegenschaut, für dieses Kind habe ich ebenso keine Schuld zu schultern  - das habe ich schon in Sicherheit gebracht.

Für mich - allein für mich bin ich verantwortlich und aus diesem Gefühl der Verantwortlichkeit und Fürsorge heraus gebe ich eine Antwort.

Hätte ich auch nur eines meiner Kinder verlassen, um mich selbst zu verwirklichen, mich frei von aller Sorge und Obhut um und für jemand anders, nur um mein eigenes popeliges Leben bekümmert, um tun und lassen zu können was immer ich will, dann würde mich auch das Gewissen von innen auffressen wie ein Parasit für den es keine Heilung gibt. Kein Entkommen. Kein Vergessen.

Diese Person, die irgendwo in Osteuropa sitzt - in einem Haus, am Wald, oft allein wie's scheint - diese Person hat sich kurz vor Weihnachten mal spontan Gedanken gemacht und sich in seinen Kopf gesetzt mich zu kontaktieren.

Sieht sich jemand als Tabula rasa, kann er so etwas einfach tun. Denn es gibt keine Bücher, Erzählungen, Geschichten, Berichte, Bände, Erinnerungen welche aus mehreren Tabula rasa bestehen. Ein Tabula rasa ist ein Tabula rasa und es hat nichts zu erzählen - es wird einfach immer wieder neu beschrieben. Ein Tabula rasa wird mir nur berichten was nach schonungsloser Auslöschung des vorher Beschriebenen neu beschrieben wird - vom Löscher und Schreiber gleich selbst. 

Über meinen Bruder suchte diese Person den Kontakt zu mir aufzubauen. Schon meinem Bruder präsentierte er die blankgeschliffene Seite seiner Person mit reinweißer Weste. Schwarze Seelen tragen weiße Westen, sagt man gemeinhin.

Weshalb mein Bruder und auch ich auf diese Präsentation dieser Person eingingen können wir heute nicht mehr genau sagen.

Bei mir war es eine gute Portion Neugier - das kann ich wohl so sagen. Wie eine Art Lust auf Grusel vor dem Unbekannten, vor dem was hinter dem Vorhang hockt.

Ich hatte noch verwischte Erinnerungen an diese Begegnungen vor fünfunddreißig Jahren und die sind nicht gut! Es gibt nicht ein gutes Gefühl welches ich mit dieser Person verbinde Punkt!

Mein ganz eigenes, erfahrenes Theorem war bisher immer - wenn die Vergangenheit anruft, nimm nicht ab, sie hat Dir nichts Neues zu erzählen! Ich habe, verstandesgemäß,  gegen mein eigenes Prinzip verstoßen und mich damit selbst verraten und den Energien dazu ausgeliefert - so daß ich nun wieder, wie das Kind auf dem Bildnis, hilflos aus meinen Linsen starrte.

" Der Verstand, ist wesentlich ein Hemmungsapparat gegen das Sofort - Reagieren auf das Instinkt -Urteil." (Friedrich Nietzsche)

Ich bin nicht dieses Kind. Dieses Kind, damals noch ein Pflänzchen, ist heute eine deutsche Eiche an der sich schon viele Säue gerieben haben. Kann man Pflänzchen zertreten, brechen, begradigen, beschneiden, am Wachstum hindern, mit Wurzel ausreißen, in ein Gefäß setzen, welches so klein und eng ist, daß es gar nicht erst wachsen kann, daß es niemals ausgewachsen sein kann, es in eine dunkle Ecke stellen, so daß kein warmer Sonnenstrahl es erblickt, kann man also all das mit einem Pflänzchen machen - und ich finde es ganz fürchterlich mir vorzustellen, daß so etwas mit Pflänzchen täglich gemacht wird - kann man all dies mit einem Baum nicht! 

Mein Wachstum ist nicht mehr kontrollierbar und ein Zurückwachsen - jetzt muss ich tatsächlich lachen - das ist nicht möglich. Man kann sich an mir reiben - doch das ändert nichts an meinem Zustand, an meinem Stand oder gar an meinem Wachstum - es begünstigt dieses. 

Einzig mir die Energie zu entziehen oder abzuleiten, dies kann mir in gewisser Weise schaden, ließe ich dies zu. Dann würde ich das weitere Wachstum einstellen müssen und in die Notversorgung gehen um das schon Bestehende zu bewahren und zu schützen.

Und spüre ich bis in die kleinsten Kapillaren, daß mir Energie entzogen wird, gehe ich nicht in die Not- und /oder - Zentralisationsversorgung, was einem Schock gleichkäme, sondern wehre den Energieräuber ab, indem ich wie im stärksten Sturm stehen bleibe, auf meinem Standpunkt stehe. Wie eine Eiche, werfe ich die beschädigten Äste, auf denen sich die Räuber niederlassen, nicht ab sondern behalte sie bei mir, ich versorge sie lediglich nicht mehr mit Energie, jedoch sind sie wie die frischen Triebe zu mir gehörig - doch kann es gefährlich werden für jemanden der sich nicht nur an mir reibt, sondern der einen Sturm ( in mir) entfacht, dann kann es passieren daß einer dieser Totäste abbricht und herabfällt - wehe dem der diesen Sturm entfachte.

Ich werde meine Geschichte, meine toten Äste, nicht einfach abwerfen und überschreiben! 

Ich kenne diese Person nicht. Und bisher hatte ich auch nie das Bedürfnis sie kennenzulernen. Diese hat sich augenscheinlich bis vor Kurzem ebenso nie für mich oder mein Leben interessiert, weshalb jetzt? Das wollte ich wohl wissen. Dies war mein Interesse.

Nun. Viel lieber lese ich das Märchen der Gänsemagd, welches ein unendliches Maß an Wahrheit in sich trägt und dem niemals ein Tabula rasa stand halten kann.

Es ist Zeit den Ingrimm zu verdauen und umzuwandeln, in tote Äste, welche mich zu dem machen, was ich bin und werde, standhaft, wehrhaft, wahrhaft. Dies ist meine Verantwortung, für mich, für meine Söhne, für ein Wirken, Wachsen und für gesunde Früchte.


" Sieh hinaus! Sieh nicht zurück! Man geht zugrunde, wenn man immer zu den Gründen geht." (Friedrich Nietzsche)

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